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Nekrolog auf einen Unbekannten

Abdullah Topalci (9. April 1940 - 24. November 2018)


Heute Morgen erreichte mich die Nachricht, dass mein leiblicher Erzeuger – nicht mein Vater – heute Nacht in der Türkei verstorben sei. Er sei friedlich eingeschlafen und nicht mehr wach geworden, sein Herz sei einfach stehen geblieben.

Ein schöner Tod, wie ich finde, wenngleich der Begriff „schöner Tod“ in Deutschland doch eine äußerst schwierige Vergangenheit hat.

Ich habe ihn nicht gekannt, ich habe ihn nur wenige Male für kurze Augenblicke gesehen, jeweils nur kurz mit ihm gesprochen.

Sein Name war Abdullah, das bedeutet auf Arabisch „Diener Gottes“. Ich weiß nicht, ob er ein gläubiger Mann war, ich weiß nicht, ob er ein überzeugter Moslem war, trotzdem wünsche ich ihm, dass er in Frieden und mit Erfolg as-Sirāt“ (الصراط), die Brücke des Todes, überschreiten kann, dass er genügend Haare auf dem Kopf haben wird, damit ihm der Erzengel Gabriel daran die nötige Stütze geben kann, damit er es über die Brücke schafft.

Ich wünsche ihm einen angemessenen Platz unter seinen Vätern, zu denen Allah ihn nun versammelt hat, und trotz allem, was er im Leben getan haben mag, trotz all seiner Fehler, die er ja zweifellos hatte, trotz all der Dinge die er an seinen Kindern verbrach, dass ihm eben trotz alledem ein ehrendes Andenken bewahren wird. 

Als Christ gestatte man mir an dieser Stelle ein christliches Gebet:

„Zum Paradies mögen Engel dich geleiten,
die heiligen Märtyrer dich begrüßen
und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem.
Die Chöre der Engel mögen dich empfangen,
und durch Christus, der für dich gestorben,
soll ewiges Leben dich erfreuen.“

R. I. P. 
Wir sehen uns in einer anderen Welt, ob sie besser sein wird, werden wir erst dann wissen.

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