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»Ein internationales Hörspiel?« – Der Hörspiel-Workshop auf der 4. SherloCON in Saarbrücken – Tag 2 & 3: Aufnahmen und Präsentation


Wie heißt es doch so schön: manches muss erst einmal sacken, nicht wahr? – Nachdem wir am ersten Abend der SherloCON das Casting in jenem wunderbaren Ambiente veranstaltet hatten, in dem man sich tatsächlich in die Baker Street des Jahres 1895 zurückversetzt fühlte, ganz entzückend in stilechten Polstern saß, sich blendend unterhielt und schlicht und ergreifend den Abend Seele baumelnd genoß, begann dann am nächsten Morgen für uns das harte Kerngeschäft.





Anmerkung: Ich kann hier natürlich nur aus der Sicht des Produzierenden darlegen, wie es uns erging, aber ich hoffe, dass dieser Artikel noch durch einige persönliche Kommentare ergänzt werden wird, die von jenen stammen, die uns aus der Sicht der Sprecher und Teilnehmer erlebt haben. Daher hier im Folgenden nur einige Impulse.




Wir trafen uns gegen halb acht Uhr morgens mit den Organisatoren, um den Raum in Augenschein zu nehmen, in dem wir aufnehmen wollten. Der ursprüngliche Plan, das ganze im Filmhaus Saarbrücken abzuhalten, hatte verworfen werden müssen und so wies man uns einen Raum im VHS-Zentrum an. Wir betraten diesen Raum und waren geschockt. Ein hoher leerer Raum mit einem entsprechenden Schall. Wir machten einige Test und waren uns einig: Das ging auf gar keinen Fall. Wir würden bei einer entsprechenden Aufnahme soviel Hall mitnehmen, dass wir das nachher in der Postproduktion nicht mehr verantworten konnten. Also war guter Rat teuer.
 





Nach eingehenden Beratungen mit den Organisatoren und den Hausherren wichen wir kurzfristig in einen Konferenzsaal im Schloss aus, der zwar immer noch nicht ideal war, dennoch aber soweit von uns hergerichtet werden konnte, dass wir die Aufnahmen wagen konnten.
 





Wir hatten am Abend vorher den gecasteten Sprechern nicht nur ihren Text in Form des Hörspieldrehbuchs mitgegeben, sondern auch den Aufnahmeplan, auf dem vermerkt war, zu welcher Uhrzeit sie für wie lange zu den Aufnahmen zu uns kommen sollten. Wir stellten extra einen unserer Leute ab, der zu Beginn drüben im VHS-Zentrum die Sprecher benachrichtigen sollte, wo wir zu finden waren. Natürlich halfen auch die Organisatoren entsprechend mit.
 




Wie bereits im vorherigen Blogeintrag vermerkt hatten wir das große Vergnügen eine »internationale« Sprechercrew zu haben. In den Hauptrollen brillierten Daniela Proske aus Hennef an der Sieg und der ursprünglich aus Indien (sic!) stammende Anubhav Punetha, nunmehr wohnhaft in Aachen. In den weiteren Rollen glänzten Stephan Wailersbacher aus St. Wendel im Saarland, Yvonne Weishaupt aus Affing im Bayrisch-Schwäbischen, Raimund Gräschus aus Gammelby in Schleswig-Holstein, Kerstin Binggeli aus Basel in der Schweiz – sie hat uns genau den Schweizer Dialekt geliefert, den wir für diese Rolle brauchten, außerdem ist sie ausgebildete Schauspielerin – Uwe Rödel aus Plauen Vogtland/Sachsen, Julia Kaminska aus Wuppertal, Patrick Charell aus München, sowie last but not least Thomas Fröhlich aus St. Pölten in Österreich. Mit Sprechern aus drei Ländern kann man mit Fug und Recht von einer europäischen Besetzung sprechen und da Anubhav Inder ist, erweitet sich der Reigen ins Internationale. Was will man mehr? Was könnte einem CON-Hörspiel zu größerer Ehre gereichen, als eine solche Besetzung?
 




Nun sollte man ja meinen, dass es mit Laien schwierig ist, solche Rollen in so kurzer Zeit aufzunehmen, aber, wie ich das schon vor vielen Jahren bei meinen Theaterprojekten erfahren habe, sind es oft die Laien, die unter solchen Umständen und mit der entsprechenden Motivation zu Höchstleistungen fähig sind. So auch hier. Alles Sprecher, man darf wirklich keinen herausheben, haben eine tolle Leistung erbracht und teilweise mit ihren Originaldialekten ein multikulturelles Hörerlebnis geschaffen, was noch einmal die CON-Atmosphäre wunderbar zum Klingen brachte.
 





Nichtsdestotrotz wurde es, auch wenn wir viel Spaß hatten, viel gelacht haben und die Freude am gemeinsamen Projekt ungeheuer berauschend war, ein langer, ungeheuer anstrengender Tag für das ganze Team. Wir nahmen ununterbrochen und ohne Pause von acht Uhr morgens bis um sieben Uhr abends auf. Anschließend ging es zum Abendessen und dann setzte ich mich an den Schnitt, den ich gegen halb eins in der Nacht unterbrach, weil mir die Konzentration wirklich flöten ging. Also stand ich um sechs Uhr morgens auf und arbeitete weiter, denn immerhin sollte die Präsentation um zwölf Uhr mittags im Audela (Hotel Leidinger) starten.
 




Und wie sie startete. Wir stimmten das Publikum mit einer kleinen Ansprache ein, in der wir etwas über unser Projekt erzählten und dann spielten wir einfach unsere bis dato erstellte Rohfassung ab. Und was soll ich sagen? Die Leute waren begeistert, lachten enorm viel und die Qualität konnte sich echt hören lassen. Als wir das Hörspiel nach einer halben Stunde abbrachen und die Leute auf die fertige Fassung im Internet vertrösteten – natürlich nur, um die Spannung anzuheizen, und eine gewisse Erwartungshaltung aufzubauen – waren alle sehr enttäuscht und versprachen, sich auf die fertige Fassung zu freuen, die wir hier und heute nicht ohne Stolz präsentieren.






Abschließend gab es natürlich noch ein Gruppenfoto mit allen beteiligten Sprechern und dem Orga-Team der SherloCON 2018, eine Menge guter Gespräche und einen tollen Austausch mit Menschen, die alle von der Sherlock-Holmes-Manie befallen waren und diese unglaublich familiäre Atmosphäre erst ermöglichten, die den wahren Charme der Sherlock-Holmes-Convention ausmacht und die Leute anzieht und anziehen wird und begeistert und begeistern wird, wenn wir in zwei Jahren wieder alle zusammenkommen werden. Also, auf ein Neues! »The game ist still afoot, Watson!«









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