Wenn es darum geht, das reale Leben in eine faszinierende phantastische Welt umzubauen, so ist Bernhard Hennen (*1966; => Homepage) wohl einer der unangefochtenen Meister. Seit über zehn Jahren gebirt die gewaltige Vorstellungskraft des von Wolfgang Hohlbein (*1953; => Homepage) entdeckten, initiierten und geförderten Rheinländers aus Krefeld schrecklich schöne Traumräume und Andersorte, in denen es von Drachen, Elfen und Zwergen nur so wimmelt; Drachen, Elfen und Zwerge allerdings, die – ganz anders als bei Tolkien zum Beispiel, der einem sofort bei diesen mythologischen Wesen einfällt – hinter ihrer äußeren Fassade allzumenschliche Charaktere erkennen lassen.

Seine Lesungen sind nicht nur Lesungen, sie gehen weit darüber hinaus, weiten sich zu ausgedehnten Autorengesprächen aus, in denen sich der sympathische Autor als bodenständig und volksnah erweist und seinen Fans zu allen möglichen Fragen kaum eine Antwort schuldig bleibt. Dafür reduziert er die eigentliche Lesung auf etwa eine Viertelstunde, um dann, was ihm viel wichtiger ist, mit seinen Lesern und Fans ins Gespräch zu kommen, und das kann sich dann schon mal in die Länge ziehen. Eine Länge allerdings, die kaum jemand als unangenehm oder belastend erlebt, eher im Gegenteil, eine Länge, die Lust auf mehr macht, so dass man den Autor anflehen möchte, doch bloß nicht aufzuhören.
Ähnliches konnte man am Abend des 3. November 2016 ab 19:30 Uhr im neugestalteten Gemeindehaus in der Gemeinde Hilgert im Kannenbäckerland am Rand des Westerwalds erleben. Birgit Karnatz, die engagierte und couragierte Leiterin der Gemeindebücherei, hatte Hennen zu einer Lesung in den kleinen Ort eingeladen. Und der berühmte Autor sagte zu und kam. Sympathisch ist er, ganz ohne Starallüren, einer, der sich den Anschein gibt, mit seinen Zuhörern auf einer Ebene zu stehen, ein durch und durch angenehmer Mensch, ein netter Kerl, der gerne mit seinem Publikum angeregt und liebenswürdig plaudert. Ein Familienmensch, der seine Stoffe aus dem Alltäglichen schöpft, um sie dann verfremdet als Fantasyhandlung neu zu erzählen. Als Beispiel brachte er mit seiner sonoren, unaufdringlichen, wohlklingend vollmundigen Erzählstimme eine Anekdote von seiner Tochter und einem Hund, die sich dann später entsprechend bearbeitet in einem seiner Bücher wiederfand. Und besonders dann, wenn er frei erzählt, erkennt man erst die wahre Meisterschaft dieses hochbegabten Schöpfers phantastischer Welten.
Die Anwesenden stellen Fragen, die sich nicht nur auf seinen neuen Roman beziehen, sondern vor allem auf seinen Beruf und seine Passion, das Schreiben, das Leben eines Autors. Und Hennen antwortet weitschweifig und ausgiebig, macht vieles spielerisch an gutverständlichen Beispielen klar, genau so, wie er das in seinen Büchern tut. Dabei teilt er seinem Publikum bereitwillig auch eine Menge Biographisches mit, so unter anderem, wie er nach einem Studium der Germanistik, der Geschichte und der vorderasiatischen Archäologie, von der er fasziniert ist, als Journalist beim Westdeutschen Rundfunk begann. Nach einer Lesung von Wolfgang Hohlbein habe er dem berühmten Autor von einer Romanidee, die er hatte, erzählt, und der hätte ihn spontan gleich mit zu dessen Lektor bei Bastei Lübbe (=> Homepage) genommen und sich dort für ihn so eingesetzt, so dass er einen ersten Autorenvertrag erhalten habe: Hohlbein: »Wenn der Hennen das nicht durchhält, schreibe ich den Roman zuende.«. Es sei ihm geschenkt worden, wofür andere jahrelang hart arbeiten müssten. Für seine ersten Veröffentlichungen hätte ihm Hohlbein sogar großzügig seinen Namen als Co-Autor zur Verfügung gestellt und ihm viel geholfen, was sich natürlich positiv auf den Absatz seiner Bücher ausgewirkt habe.
Leider erschienen zur Veranstaltung nur knappe fünfzehn Teilnehmer, was auf den ersten Blick wenig erscheint, für die Region allerdings, zieht man andere kulturelle Veranstaltungen dieser Art zum Vergleich heran, dennoch schon ein Menge ist. Der Westerwald ist und bleibt ein kulturell schwierig zu beackerndes Gelände, darüber darf man sich keinesfalls hinwegtäuschen, dennoch dürfen sich engagierte Veranstalter auch weiterhin nicht davon abhalten lassen, solche Veranstaltungen auszurichten. Denn steter Tropfen höhlt bekanntlich ja den Stein, auch wenn er ein besonders harter Basalt ist. Denn die Fünfzehn, die da waren, erlebten einen tollen, einen phantastischen und zauberhaften Abend, der noch lange im Gedächtnis haften bleiben wird.
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