„Both Rowling and Meyer, they’re speaking directly to young people …
The real difference is that Jo Rowling is a terrific writer
and Stephenie Meyer can’t write worth a darn. She’s not very good.“
(Stephen King in einem Interview mit USA Weekend)
Und wieder einmal fühle ich mich genötigt, meinen geneigten Lesern eine weitere Film-Rezension zu liefern, die mit Sicherheit die Gemüter spalten wird und das, wenn man den Kritikenglauben darf, wohl auch schon getan hat. Es geht um die Verfilmung des 2008 erschienen Science-Fiction-Romans „Seelen“(orig.-engl. „The Host“) der amerikanischen Autorin Stephenie Meyer (*1973), die jüngst mit der fünfbändigen Biss-Reihe(org.-engl. „The Twilight-Series“) einen fulminanten Erfolg feierte und die man mancherortens schon als legitime Nachfolgerin von Joanne K. Rowling (*1965) (=> Website) feiert. Die Biss-Reihe, Sie erinnern sich, die Geschichte von Bella und ihrem Vampirfreund Edward, die den klassischen Vampirroman revolutionierte, indem sie einen völlig neuartigen Typ von Vampir vorstellte. Doch das ist ja hier jetzt nicht das Thema.
In „The Host“ wendet sich die Autorin nicht nur einem gänzlich anderen Genre – der Science Fiction (SF) – zu, sondern nach eigenen Angaben ihrer Websitewill sie mit diesem Roman vor allem erwachsene Leser erreichen.
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Quelle: http://www.cms.bistum-fulda.de/stiftsschule/images/unsere_schule/buecherei_neues/seelen_st_meyer.jpg |
Meine Leseerfahrung mit der Biss-Reihe waren bereits nicht sehr gut. Ich quälte mich förmlich durch die Bücher hindurch, wohl ein Grund dafür, dass ich damals – 2008 – auf die Lektüre des Seelen-Buches dankend verzichtete, da ich die Befürchtung hegte, dass mir der Schreibstil der Autorin, den ich als extrem langatmig und wenig spannend empfand, auch dort das Lesevergnügen vergällen würde. Nun wurde dieses Buch verfilmt und ich dachte mir, wenn du schon das Buch nicht gelesen hast, so solltest du doch wenigstens den Film gesehen haben. Ich hätte durch die Verfilmung der Twilight-Series schon gewarnt sein sollen, immerhin hatte ich auch hier die ersten beiden Filme im Kino gesehen und war wenig begeistert gewesen.
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Quelle: http://content5.promiflash.de/article-images/w500/stephenie-meyer-max-irons-saoirse-ronan-diane-krueger.jpg |
Es geht ja schon beim Titel los. Wieso in der deutschen Übertragung das Werk „Seelen“heißt, ist nicht wirklich nachvollziehbar, denn „The Host“, was vom einfachen „Gastgeber“ bis hin zum „Herrn des Hauses“ eine Menge an Bedeutungen haben kann, wäre hier doch am besten mit „Wirt“ im Sinne eines Wirtskörpers zu übersetzen gewesen. Das klingt wohl aber nicht so reißerisch wie „Seelen“.
Der Plot ist wieder einmal nicht neu. Die Idee der Besetzung und Übernahme des menschlichen Körpers durch einen fremden, außerirdischen Geist, hier „Seele“genannt, ist nicht nur in der SF-Literatur ein durchaus bekannter Stoff, man denke nur an die Individualverformerin der Perry-Rhodan-Serie (Perry-Rhodan-Net) und die vielfachen Umsetzungen in der Horror-Literatur. Was allerdings neu ist, ist die Verpackung und die Message, also das, was zwischen den Zeilen steht. Denn Meyer ist Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), hat infolgedessen wie es in ihrer Religionsgemeinschaft üblich ist, vermittels eines Stipendiums auch an einer Mormonen-Universität, der Brigham Young University in Provo(Utah), studiert und ihre religiöse Einstellung zum Leben und vor allem zur Sexualität findet sich deutlich auch in dieser Verfilmung wieder.
Dies scheint indess zur Zeit in Mode zu sein, findet man zum Beispiel im aktuellen Film „After Earth“ von Manoj Nelliyattu Shyamalan (*1970), in dem Will Smith (*1968) und seinem Sohn Jaden Smith (*1998) die Hauptrollen spielen, einige Anklänge an den Gründer von Scientology, den SF-Autoren L. Ron Hubbard wieder, doch das nur am Rand.
Religiöse Symbole und Motive haben wieder Hochkonjunktur, vor allem aber im amerikanischen Film. Bei Meyer führt das allerdings auch dazu, dass die Verfilmung, obwohl technisch sehr ordentlich gemacht, viel zu einseitig wird. Die Charaktere sind sehr flach und klischeebehaftet, und eine wirklich Lösung des Problems wird, ob bewusst oder unbewusst, offen gelassen. Das totalitäre Regime der Außerirdischen, die den Menschen ja nur gut wollen, die den Planeten in den Griff bekommen haben und die Menschen durch die Übernahme, die eigentlich ein dämonischer Akt sein müsste, hier aber als wunderbar gewaltlose und geradezu gnadenvolle Angelegenheit dargestellt wird, ist über weite Strecken nicht klar als Bedrohung gekenntzeichnet, sondern viel eher als Erlösung. Die Triebhaftigkeit der Menschen wird als negativ dargestellt, allen voran das sexuelle Verlangen, das nach Vorstellung der Autorin nur dadurch in den Griff zu bekommen ist, dass man sich definitiv einem Partner zuwendet. Es wird keine Befreiung vom feindlichen Joch angestrebt, sondern eher eine Koexistenz, also eine Form von Arrangement mit den örtlichen Gegebenheiten. Mit der individualisierten Freiheit des Menschen, was bei uns immerhin noch ein Grundrecht ist, hat das nicht mehr viel gemein.
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Quelle: http://brav0.de/bilder/480x300x71/seelen-buch-stephenie-meyer-verfilmung-bilder-interview-saoirse-ronan-jake-abel-72vb-xKwn.jpg |
Erzählt wird das Ganze in langen Einstellung und einem extrem langweiligen Stil, der wenig Tempo und viel Zeit für innere Erkenntnis und innere Zwiegespräche zwischen der Seele des Wirtskörpers und des Opponenten lässt. Hier liegt übrigens eine weitere Schwäche des Films, die wohl in der Wahl der deutschen Synchronstimmen liegt, denn die recht piepsige Off-Stimme von Melanie, dem besetzten Wirt, geht einem relativ schnell auf die Nerven.
Was bleibt, ist wohl das Bewahren eines kritisches Blicks auf alles, was unter der Maske als eine Form von religiöser Predigt daherkommt, sofern es die persönliche Freiheit einschränkt und einem eine Weltsicht unbewusst aufoktroyieren will, die an den Grundfesten unserer Menschlichkeit und unserer verbrieften Menschenrechte rüttelt. Kunst darf sich nicht instrumentalisieren lassen und allein einer Idee dienen, sondern sie muss ihre Eigenständigkeit und ihre kritische Distanz bewahren, damit sie ihrer eigentlichen Aufgabe, des Menschen Tätigkeit in Worten und Gedanken Gestalt zu verleihen und dieselben kritisch zu hinterfragen, weiterhin gerecht werden kann.
Denken Sie einmal darüber nach.
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