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In paradisum - Zum Heimgang Lothar Schmids


(Quelle: http://www.chess-international.de/wp-content/uploads/SchmidLothar.jpg)
Es ist die Erde eine große Schrift
Und jeder Mensch trägt dort sein Wirken ein.
Mit Feder, Werkzeug, Griffel, wie es trifft,
Bald klein, doch riesengroß, bald riesengroß, doch klein.
Lothar Schmid (1928-2013) (=> englische Wikipedia) ist tot. Wie endgültig das klingt und wie endgültig es wohl letztlich auch ist. Aber das ist wohl der Sinn des Todes, oder? Nämlich endgültig zu sein? Der Sinn von Nachrufen ist da nicht so eindeutig festzustellen. Soll der Heimgegangene durch einen Nachruf nun im Gedächtnis der Nachwelt verankert werden und so immer wieder in der Erinnerung lebendig erscheinen oder soll ein würdiger Abschluss eines einmaligen und wertvollen Lebens – wie ja jedes Leben einmalig und wertvoll ist und zu sein hat – durch einen Text, ein paar Zeilen, ein paar zu Papier gebrachte Gedanken zelebriert werden?


Nun, ich möchte einige wenige solcher Gedanken über Lothar Schmid hier aufschreiben, einige wenige Gedanken, die eben nicht den Karl-May-Verleger und Schachgroßmeister im allgemeinen beleuchten, sondern ein paar sehr persönliche Erinnerungen beinhalten, die ich an diesen großen alten Mann habe, den ich leider nie persönlich, sondern immer nur telefonisch kennen lernen durfte.


Ich hatte in jungen Jahren bereits mit seinem Bruder Roland zu tun, der mir, als Kind und später als Jugendlichem mit unendlicher Geduld und viel Einfühlungsvermögen alle meine Fragen das Werk Karl Mays betreffend schriftlich beantwortete.


Gegen Ende meines Studiums, ich denke, es muss so in etwa im Jahr 1998 gewesen sein, erhielt ich eines Tages einen Anruf von Lothar Schmid, den ich bis dahin nicht kannte und von dem ich nicht gewusst hatte, dass er überhaupt existiert. Sehr freundlich interviewte er mich – er hatte meinen alten Briefwechsel mit seinem Bruder gefunden – und ich erzählte ihm von meinen Plänen, meine erste Staatsarbeit über Karl May zu schreiben – was ja dann auch schließlich wahr wurde. Auch meine ersten Gedichte nahm er an und leitete sie an den Verlagslektor Roderich Haug weiter, der mir eine wohlwollende und nette kleine Kritik schrieb.


Seit dieser Zeit waren wir mit einigen Unterbrechungen immer mal wieder im Kontakt, wobei er mich mehrfach nach Bamberg einlud, ihn einmal zu besuchen, mir den Verlag anzuschauen, usw. Leider ist es bis auf den heutigen Tag nicht dazu gekommen; geplant war, dass ich zu den Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum Anfang Juli diesen Jahres nach Bamberg kommen sollte. Geplant war, dass ich ihn, den Verlag und seine Familie dann persönlich kennen lernen sollte, aber, wie sagte John Lennon schon so schön: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.“


Er begleitete mich mit guten Ratschlägen und Hilfestellungen bei meiner ersten Staatsarbeit über die Theologie des Old Surehand (1999), er begeisterte sich für meine Inszenierung von Karl Mays einzigem Drama „Babel und Bibel“ von 1906, welches ich mit Schülerinnen und Schülern eine zehnten Realschulklasse am 21. Juni 2005, 99 Jahre nach Entstehen des Dramas, auf einer notdürftig zusammengezimmerten Bühne in einer alten Turnhalle welturaufführte. Er war davon so angetan, dass er sogar 2008 anregte, diese Inszenierung zu wiederholen und zwar an keinem geringeren Haus als den Landesbühnen Sachsen (=> Homepage) in Radebeul bei Dresden, dem Ort, wo Karl May einen Großteil seines Lebens gelebt hatte. Er führte damals harte Verhandlungen, ich fuhr extra im Januar 2008 nach Radebeul, doch leider ist es nie dazu gekommen. Die Idee, das Stück im Rahmen der Schacholympiade so aufzuführen und zu inszenieren, dass der Kern des Dramas, das Schachspiel, das mit lebenden Figuren „geritten“ werden sollte, besonders hervortrat, war gut, fand aber kein Gehör bei den Behörden.


Und ganz zielsicher, so als hätte er geahnt, dass er kaum noch Zeit hatte, arrangierte er den Kontakt zu seinem Sohn Bernhard, mit dem ich dann über den Vertrieb meines Stücks „Rosensieg. Der Tod Old Shatterhands“, welches ich anlässlich des Karl-May-Jahres 2012 geschrieben hatte und im Verlag28 Eichen publiziert hatte, verhandelte und mit dem ich sehr schnell handelseinig wurde.


Ich kann also sagen, dass mich Lothar Schmid über einen Zeitraum von zirka fünfzehn Jahren hinweg immer wieder wohlwollend und fördernd unterstützte und begleitete. Ich bin dafür sehr dankbar und hoffe, dass er diesen Dank, den ich ihm nun leider nicht mehr persönlich abstatten kann, doch in diesen Zeilen erfährt. Sein Andenken werde ich stets in Ehren halten und vielleicht kann ich irgendwann einen Teil davon gebührend zurückgeben.


Ruhen Sie in Frieden, Lothar Schmid! Sie waren der letzte der drei Söhne des ursrprünglichen Karl-May-Verlegers Dr. Euchar Albrecht Schmid, der seine Vision, seine Verehrung des sächsischen Volksschriftstellers weitertradierte. Nun ist mit dem Enkel Bernhard die nächste Generation am Werk, die den Karl-May-Verlag in ein neues Jahrtausend führen wird. Ich wünsche dazu viel Glück.


Zum Paradies mögen Engel dich geleiten,
die heiligen Märtyrer dich begrüßen
und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem.
Die Chöre der Engel mögen dich empfangen,
und durch Christus, der für dich gestorben,
soll ewiges Leben dich erfreuen.
(in paradisum, lat. Hymnus)









und so weiter und so fort ...

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