Der Roman – welch' eine Magie liegt in diesem Begriff, welch' eine Faszination! Wie oft schon habe ich es versucht, wie oft angefangen, abgebrochen, aufgehört … immer und immer wieder habe ich mich mit einer tollen Idee im Hinterkopf hingesetzt und mit dem Schreiben begonnen. An einem gewissen Punkt, einer fast schon fatalistischen Schwelle kam ich nie weiter, egal, was ich auch versuchte. Es ging einfach nicht darüber hinweg. Ist es das, was die Kunst großer Romanciers im eigentlichen ausmacht? Ist der Roman wirklich die Königsdisziplin für einen Autor, einen Schriftsteller?
Es gab einmal eine Zeit, da wurden Leute verachtet, die einen Roman schrieben oder schreiben wollen. Die Epoche der Romantik hat ihren Namen vom Roman, denn romantisch im Sinne der Epoche bedeutet ja romanhaft. Ein Roman war im Frankreich des Mittelalters, genauer des 12. Jahrhunderts zunächst einmal jeder Text, der in der Landessprache (lingua romana) verfasst worden war. Im Gegensatz dazu standen die Texte der Gelehrten, der Gebildeten, die in der lateinischen Sprache (lingua latina) abgefasst wurden. Ab dem Ende des 13. Jahrhundert bis ins 17. Jahrhundert bezeichnete man mit dem Begriff eine epische Großform der Prosatexte. Und seit dem 19. Jahrhundert ist der Roman nicht nur die am weitesten verbreitetste Form der erzählenden Dichtung, sondern der Literatur ganz allgemein.
Betrachtet man heute den allgemeinen Literaturbetrieb, so setzt sich der Roman als Prosatext von lyrischen und szenisch-dialogischen Texten dergestalt ab, dass mit ihm noch am besten Geld zu machen ist. Lyrik, also Gedichte, zu veröffentlichen, das gelingt heutzutage nur noch ganz selten, da Gedichte einfach kaum noch konsumiert und gelesen werden, sieht man mal von den allgemeinbildenden Schulen ab, die immer noch bestrebt sind, diese Kunstform durch idealistische Lehrer vermitteln zu lassen. Aber bleiben das auch hängen? Liebesgedichte sind meistens in der Pubertät in Mode und werden in späteren Jahren zu einer vagen Existenz auf Grußkarten und Todesanzeigen herabgewürdigt. In der Verkleidung eines Songtextes in Zusammenarbeit mit der Musik lässt sich ein lyrischer Text heute noch am ehesten transportieren, sei es nun kunstvoll gesungen oder einfach nur rhythmisch gesprochen. Meistens leidet dann aber das Niveau dieser Kunstform.
Szenisch-dialogischen Texten, oder wie es früher mal hieß, dramatischen Texten, ergeht es nicht viel besser. Es gibt in Deutschland meines Wissens nach nur noch einen wirklich großen und bekannten Verlag, der Theatertexte und Hörspieltexte abdruckt, und das ist Reclam. Suhrcamp, der viele Theatertexte im Repertoire hatte, hat seine Theaterabteilung eingestellt. Theaterverlage bringen neue Theatertexte zwar an die Theater, aber einen ordentlichen Druck in Buchform bringen auch diese Verlage nicht, da es sich einfach nicht verkauft und die Theater sowieso lieber den Text als Datei bekommen wollen. Die einzige Möglichkeit ist auch hier, die Texte in der fertig produzierten Umsetzung als Theaterstück auf der Bühne, als Hörspiel oder Hörbuch auf einem Tonträger oder als Film im Kino oder auf DVD oder BlueRay zu genießen. Denn, mal ehrlich, wer druckt und liest denn Drehbücher, außer den Regiesseuren?
Was bleibt also in den Buchhandlungen, womit Autoren sich im Rahmen der fiktionalen Texte einen Namen machen und ihr Geld verdienen? Erzählungen in sogenannten Erzählbänden und Romane. Die Genrevielfalt ist groß und reicht vom großen Enthüllungsroman über Krimi, Science-Fiction und Fantasy bis hin zur Liebesschmonzette. Am besten schreibt der Autor den Roman gleich so, dass er gut verfilmbar ist. Denn die wenigsten Leute lesen ja noch – sie hören oder sehen viel lieber.
Und nun habe auch ich endlich mein erstes Manuskript abgeschlossen. Es trägt den klangvollen Titel „Das Duell der Zauberer“ und ist ein „autobiographischer Schlüsselroman“. Whow, das klingt hochtrabend, nicht wahr? Aber man muss heutzutage schon etwas riskieren und wenn es nur eine ordentliche dicke Lippe ist.
Ob mich mein „Erstling“ im Romangeschäft – alles andere hab ich ja bereits versucht: an die siebzig Gedichte habe ich verbrochen und neun Theaterstücke geschrieben und aufgeführt – bekannt und berühmt machen wird? Wer's glaubt … zunächst einmal muss der fertige Text, der auf ein Manuskript aus dem Jahr 2005 basiert, ordentlich redigiert werden. Und wer weiß, vielleicht interessiert sich ja irgendwann auch ein Verlag dafür, dem ich das Manuskript gerne anvertraue. Der das Beste da herausholt? Wir werden sehen. Jedenfalls werde ich nun weitere Versuche folgen lassen, in der Königsdisziplin immer und immer wieder zu bestehen. Wer sich nicht dem Zeitgeist anpasst, bleibt wohl in der Versenkung, oder? Was macht die Zeitlosigkeit eines solchen Werkes denn aus, die ja der alleingültige Wertmesser eines solchen Unterfangens ist? Ist ein Roman, der im 18. oder 19. Jahrhundert ein Renner war und den heute keiner mehr liest, weil ihn keiner mehr kennt, weniger wert, als der aktuelle Bestseller, der es auf die Spiegelliste geschafft hat? Ist der Autor und sein Produkt nur so gut, wie sein Management und sein Marketing?
Denken Sie einmal darüber nach.
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