Direkt zum Hauptbereich

Just remember - erinner' dich, Scharlih!

Am 30.03.2012 jährt sich zum 100. Mal der Todestag des wohl größten Volksschriftstellers deutscher Zunge: 
Karl May (25.02.1842-30.03.1912)

Aus diesem Anlass werde ich ein neues Stück zum Karl-May-Jahr unter dem Titel "Just remember - erinner' dich, Scharlih!" bringen. Natürlich werde ich es mit meinem Projekttheater Westerwald e.V. inszenieren und aufführen. Die Aufführung ist für den Dezember 2012 geplant.

Das Stück behandelt Karl-May's letzten Lebenstag in der Zeit von morgens 8:00 Uhr bist abends gegen 20:00 Uhr, also bis zu seinem Tod.

Seine zweite Ehefrau Klara, die er liebevoll "Herzle" nannte, war bis zum Schluss bei ihm:

"Der Herbst und der Winter kamen. Mays 70. Geburtstag nahte. Zwei richterliche Entscheidungen ergingen zu seinen Gunsten. Und zu meiner Freude erhielt ich aus der Villa "Shatterhand" die Kunde, dass seine angegriffene Gesundheit und sein Befinden sich mit raschen Schritten bessere; ja, am 22. März 1912 gedenke er sogar in Wien einen Vortrag über seine Weltanschauung zu halten!
Der Vortrag fand statt und verlief glänzend; selbst des Dichters Widersacher konnten diesen Erfolg nicht in Abrede stellen: volle zwei Stunden lauschten nahezu 2000 Zuhörer im gewaltigen Sofiensaal den begeisterten Worten des Siebzigjährigen. Zum ersten Mal wieder seit langer Zeit dämmerte ein Glücksgefühl in dem Vielbefehdeten auf. Mit neuem Mut kehrte er nach Radebeul zurück. Doch acht Tage nach dem Vortrag, am 30. März, gänzlich unerwartet, nahte ihm der Tod; und ohne sich seiner Sterbestunde bewusst zu werden, ist er heimgegangen in jenes Reich, aus dem es keine Rückkehr gibt.
Er hatte sich bei dem Vortrag in Wien leicht erkältet und musste nach der Heimfahrt im Haus bleiben, ohne aber bettlägerig zu sein. Am Samstag, dem 30. März, fühlte er sich wieder etwas kräftiger und beauftragte seine Gattin, für die kommende Woche Zimmer im schlesischen Bad Salzbrunn zu bestellen. Aus Besorgnis hielt sich seine Frau jedoch während des ganzen Tags in seiner Nähe, wenngleich sie nicht etwa einen tödlichen Ausgang der Erkrankung vermutete. Sie war die einzige, die zur Todesstunde an seiner Seite weilte. Da dieser Tag, der sein Sterbetag wurde, zugleich sein Hochzeitstag war, sprach er mancherlei mit ihr über die Vergangenheit und auch über die Zukunft. Er war heiter und trug sich mit neuen Plänen: Ein Drama wollte er schreiben, das sein eigenes Leben schildern und erst lange nach seinem Ableben an die Öffentlichkeit kommen sollte. Nach Jahren erst, wenn er längst gegangen, werde man sein Wollen und Wirken begreifen.
Nachmittags verfiel er in ein eigenartiges waches Träumen und unterhielt sich, wie er das überhaupt häufig zu tun pflegte, viel mit den Gestalten seiner Phantasie.
Um sieben Uhr abends legte er sich schlafen, setzte aber seine Selbstgespräche in einem undeutlichen Murmeln fort. Gegen acht Uhr richtete er sich plötzlich im Bett auf, sah mit leuchtenden Augen, die nichts von seiner Umgebung zu fassen schienen, in die Ferne und sagte mit klarer Stimme:
"Sieg, großer Sieg - Rosen - rosenrot!"
Mit unendlich freudigem, verklärtem Ausdruck sank er zurück; sein Atem wurde schwächer, bis er nach wenigen Minuten erlosch.
Entsprechend seinem vielfach geäußerten Wunsch wurde Mays Heimgang erst nach seiner Beisetzung bekanntgegeben. Diese erfolgte in aller Stille am Mittwoch, dem 3. April, mittags 12 Uhr, in seiner Gruft auf dem Friedhof von Radebeul."


(vgl. Karl May's Gesammelte Werke Bd. 34 - "Ich". Karl Mays Leben und Werk, 39. Aufl., Karl-May-Verlag: Bamberg 1995, S.332-333)

Diese Schilderung gab den Ausschlag für das geplante Stück und seine Handlung. 
Karl May unterhält sich, für andere nicht sichtbar, mit den Gestalten seiner Phantasie. Er trifft Freund und Feind, Gestalten der eigenen Erfindung und reale Personen. Er stirbt also nicht allein, sondern im Innersten seiner Schöpfung; im Innersten seines menschlichen Daseins. Eine wahrhaft gelungene Vorlage für eine Dramatisierung, die wohl ganz in seinem Sinne sein muss, wenn sie sein Leben und Schaffen zum Thema hat und jetzt, 100 Jahre nach seinem Tod an die Öffentlichkeit gelangen soll. Dies sichtbar zu machen, den inneren Konflikt, Kampf aber auch Erfolg und Freude dieses einzigartigen interessanten Künstlerlebens zu zeigen, soll Aufgabe dieses Stückes sein. Und welches Medium könnte das besser als das Theater. Denn wer anders als das Theater vermag es, beispielsweise die Gestalten seiner Phantasie, mit denen er sich umgab und unterhielt, vor dem Auge des Betrachters noch einmal lebendig werden zu lassen: Freund und Feind, Fiktion und Realität verschwimmen und werden manifest. Ein hoher Anspruch, ein große Aufgabe und noch größere Ehre.

Möge das Werk gelingen!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Fundstück: Briefwechsel mit H.G. Francis (1936-2011), dem Vater der Kassettenkinder

Quelle Wie schon so einige Male zuvor, so hat auch dieses Mal wieder das Aufräumen und Durchsehen alter Unterlagen ein wirklich interessantes Dokument zu Tage gefördert, dass ich jetzt, immerhin fast elf Jahre danach, wohl ohne Bedenken der Öffentlichkeit anvertrauen darf – es handelt sich um den kurzen aber prägnanten Briefwechsel, den ich mit H. G. Francis  (1936-2011) im Jahr 2004 führen durfte. Er, der mit bürgerlichem Namen Hans Gerhard Franciskowsky lautete und den ich gerne den „Vater der Kassettenkinder“ nennen möchte, hat mit seinen Geschichten, vor allem mit seinen Hörspielen mein ganzes Leben von frühester Kindheit an begleitet, hat durch sein sehr moralisches pädagogisches Schreiben und Erzählen mein Werteverständnis ganz stark mitgeprägt. Ich kannte ihn als Autor der drei Fragezeichen , von Commander Perkins und Perry Rhodan , aber auch von so illustren Geschichten wie die der Masters Of The Universe , für deren deutsche Markteinführung er die Hintergrundstory nur anh...

Kehlmann kafkaesk – Poetik-Dozentur in Landau im Grenzgebiet von Literatur und Film

Landau liegt tief im südwestlichen Rheinland-Pfalz, und ist ein idyllisches kleines Städtchen, welches die eine Hälfte der Universität Koblenz-Landau beherbergt. Die andere Hälfte liegt weiter nördlich, eben, wie es der Name schon sagt, in Koblenz am Rhein , der Stadt, wo Rhein und Mosel am Deutschen Eck unter den Augen des gestrengen Kaisers Wilhelm I. Hochzeit halten. Und obwohl die beiden Universitäten eigentlich eine Gemeinschaft bilden, gibt es doch hin und wieder Dinge, die dann nur jeweils einer Hälfte vorbehalten bleiben; so auch hier. Der Schauplatz war die beeindruckende Jugendstil-Festhalle in Landau. Das Zentrum für Kultur und Wissendialog , kurz ZKW, in Landau hatte die diesjährige Poetik-Dozentur an den österreichisch-deutschen Schriftsteller Daniel Kehlmann verliehen, der wohl mit Fug und Recht als der derzeit bedeutendste deutschsprachige Gegenwartsschriftsteller bezeichnet werden darf. Sein Roman „ Die Vermessung der Welt “ (2005), in dem er den biographischen S...

Koblenz am Lake Okeechobee

Kommentar zum 5. Koblenzer Literaturpreis 2012  Die Preisträgerin des fünften Koblenzer Literaturpreises steht fest! Eigentlich sollte das ein Grund zum Gratulieren sein, wenn eine relativ kleine, im Vergleich mit den großen Metropolen Deutschlands relativ unbedeutende Stadt wie Koblenz – nunmehr zum fünften Mal – einen Literaturpreis ausschreibt und auch vergibt. Und es ist kein unbedeutender Preis, immerhin ist er der Bestdotierte des Landes. 2012 hat er einen Wert von 13.000 Euro und wird gefördert vom Theater der Stadt Koblenz und der Universität Koblenz-Landau, sowie den jeweiligen Freundeskreisen.  Hier einige Passagen aus den Ausschreibungen und von der Website des Literaturpreises: „1999 ins Leben gerufen, zeichnet der Koblenzer Literaturpreis alle drei Jahre die experimentelle Umsetzung von Themen aus dem Land an Rhein und Mosel und über die Landesgrenzen hinaus aus. Der Preis will zugleich Mut machen und finanziell fördern, neue literarische Wege zu gehen. Damit wird...